
Pflege in Deutschland – warum Personalschlüssel und Menschlichkeit wichtiger sind als Profit

Vorwort
Eigentlich schreibe ich hier über Ernährung, Resilienz und die kleinen Dinge, die unser Leben leichter und gesünder machen. Doch heute mache ich eine Ausnahme. Ein Thema lässt mich seit Tagen nicht los: die Pflege in unserem Land.
Vielleicht passt es nicht ganz zu meinem üblichen Blog-Inhalt – aber ich spüre, dass es gesagt werden muss. Denn auch wenn wir alle hoffen, nie in ein Heim zu müssen, so betrifft es uns doch: als Angehörige, als Mitmenschen, als Gesellschaft.
Pflege darf kein Geschäft sein – ein Blick hinter die Kulissen
Es sind nicht Tabellen und Renditen, die in Pflegeheimen leben. Es sind Menschen. Menschen mit Geschichte, mit Träumen, mit Würde. Und doch erleben wir: Pflege wird immer stärker nach Zahlen gesteuert. Private Betreiber müssen Gewinne erwirtschaften – manchmal auf Kosten derer, die am verletzlichsten sind.
Ich frage mich: Wie konnte es so weit kommen?

Was das Gesetz aktuell vorgibt – der Personalschlüssel nach § 113c SGB XI
Seit dem 1. Juli 2023 gilt das neue Personalbemessungsverfahren (PeBeM). Endlich ein Schritt, um verbindlich festzulegen, wie viel Personal in Pflegeheimen eingesetzt werden muss – und zwar nach Pflegegrad und Qualifikation.
Drei Niveaus sind vorgesehen:
- Hilfskraft ohne Ausbildung (Basisqualifikation oder ungelernt)
- Hilfskraft mit Helfer-/Assistenzausbildung (mindestens 1 Jahr Ausbildung)
- Fachkraftpersonal (examinierte Pflegefachkraft mit 3-jähriger Ausbildung)
Ein paar Beispiele, wie es gesetzlich aussieht (je Pflegebedürftigem, pro Vollzeitkraftäquivalent):
Pflegegrad | Hilfskraft ohne Ausbildung | Hilfskraft mit Helfer-/Assistenzausbildung | Fachkraft |
---|---|---|---|
Grad 1 | ~ 0,0872 | ~ 0,0564 | ~ 0,0770 |
Grad 3 | ~ 0,1449 | ~ 0,1074 | ~ 0,1551 |
Grad 5 | ~ 0,1758 | ~ 0,1102 | ~ 0,3842 |
Das klingt erstmal trocken – ist aber in Wahrheit entscheidend. Denn diese Zahlen bedeuten: Für jeden Menschen mit Pflegegrad 5 bräuchte es fast 0,4 Fachkräfte in Vollzeit. Und Hand aufs Herz: Wo soll dieses Personal herkommen?
Zwischen Theorie und Alltag
Und genau da wird es kritisch. Auf dem Papier sieht es ordentlich aus – in der Praxis aber:
- Viele Einrichtungen können diese Werte nicht erfüllen, weil schlicht das Personal fehlt.
- Ausgebildete Pflegekräfte haben oft weniger als die Hälfte ihrer Arbeitszeit für direkte Pflege – der Rest geht für Dokumentation, Organisation und Bürokratie drauf.
- Angehörige berichten, dass Standards zwar kontrolliert werden, aber doch nur oberflächlich.
Ich finde: Es ist fast so, als würde man ein Haus mit Bauplänen sichern – aber die Mauern bestehen nur aus Pappe.
Mein persönlicher Eindruck
Wenn ich sehe, dass Pflegefachkräfte heute Aufgaben übernehmen sollen, die früher ausschließlich Ärzt*innen vorbehalten waren, dann frage ich mich: Ist das fair? Ist das sicher?
Ärzt*innen studieren viele Jahre, Pflegefachkräfte lernen in einer immer kürzer wirkenden Ausbildung so viele verschiedene Bereiche – und sollen gleichzeitig mehr Verantwortung tragen. Für mich ist das eine gefährliche Schieflage.
Und ich sage dir ehrlich: Ich hoffe, ich selbst werde nie auf ein Heim angewiesen sein. Vielleicht klingt es hart – aber manchmal denke ich: Entweder kann ich mir eines Tages eine private Pflegekraft leisten, oder ich möchte es gar nicht erleben.
Schlussgedanken
Ich weiß, dieser Text ist anders als sonst. Aber ich glaube: Auch Themen, die unbequem sind, müssen ausgesprochen werden.
Denn Pflege darf kein Geschäftsfeld für Renditen sein.
Pflege bedeutet Menschlichkeit, Nähe, Zuwendung.
Und wenn wir als Gesellschaft nicht endlich verstehen, dass Pflegekräfte mehr brauchen als warme Worte – nämlich faire Bedingungen, gute Ausbildung und echte Unterstützung –, dann verlieren wir alle.
👉 Meine Frage an dich:
Wie siehst du das? Hast du Erfahrungen mit der Pflege – beruflich, in der Familie, als Angehörige*r oder vielleicht auch als Betroffner? Schreib es mir gern in die Kommentare.

